Montag, 24. August 2015

Prof. Eduard Uhlenhuth: Herzog Alfred von Coburg und Familie, Fotomontage, 1906

   Prof. Eduard Uhlenhuth, Herzog Alfred von Coburg und Familie, 1906. Fotomontage. (oben)
Abzug auf einer Echtfotopostkarte mit dem mehrsprachigen Aufdruck des Weltpostvereins (UPU). Die Postkarte ist leicht beschnitten auf 8,7 × 13,7 cm. Links unten im Foto weiß bezeichnet „Herzog Alfred v. Coburg u. Familie“, rechts unten im Foto schwarz signiert und datiert: „Prof. E. Uhlenhuth, Coburg 1906“. Beide Bezeichnungen befinden sich wohl im oder auf dem Negativ. Sammlung Heinz-Werner Lawo.
   Prof. Eduard Uhlenhuth, Herzog Alfred von Coburg und Familie, vor1900. (unten)
Daten und Verbleib des Fotos unbekannt. Originalabzug wahrscheinlich beim Royal Collection Trust.

   Die ursprüngliche Aufnahme (unten) von Eduard Uhlenhuth, dem Hoffotografen in Coburg, entstand in den späten 1890er Jahren vor dem Schloss Rosenau. Es zeigt Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha (mit Zylinder) mit seiner Ehefrau Marija Alexandrowna (vor ihm sitzend), seiner älteren Schwester Victoria (gen. Vicky, in Schwarz, Witwe von König Friedrich III. von Preußen) und seine vier Töchter Maria, Victoria, Alexandra und Beatrice (alle in Weiß). Bei der Aufnahme nicht anwesend war sein einzige Sohn Alfred Junior. Alfred Senior war der zweitälteste Sohn von Königin Victoria von England und als solcher, nach seinem älteren Bruder Edward, zunächst zweiter Anwärter auf den Thron von England und Alfred Junior war sein einziger Stammhalter und Erbe. Nach einer angeblichen, unstandesgemäßen Heirat und einem anschließenden Zerwürfnis mit seiner Mutter versuchte Alfred Junior sich mit einem Revolver zu erschießen. Er starb kurz danach an den Folgen des Suizidversuches im Februar 1899 im Alter von 24 Jahren. Ein Jahr später starb auch sein Vater.
   Uhlenhuth hat bei der Fotomontage von 1906 den ursprünglich fehlenden Alfred Junior in das alte Familienbildnis hinein montiert, zwischen Mutter und Tante, und vor den Tisch, auf den eine Schwester ihre Hand stützt. Uhlenhuth vervollständigte so posthum das Bildnis einer von ihm oft fotografierten Familie, von der zum Zeitpunkt der Montage nur noch die Frauen lebten. Da im November 1905 der neue Herzog Carl Eduard mit großem Pomp in Coburg eingezogen war, ist die Montage von 1906 deutlich retrospektiv gefertigt worden. Ein konkreter Anlass ist jedenfalls nicht zu erkennen.
   Vieleicht war es die Erinnerung eines alternden Fotografen, der bei der Durchsicht seiner Fotos der adligen Familie eine ungefüllte und bedauerliche Leerstelle, eben das Unausgefüllte der Geschichte entdeckte, die als Motivation für diese Montage den Ausschlag gab. Eine Gelegenheit, die sich Uhlenhuth nie geboten hatte, und die er nun durch die Montage zweier Fotos für sich zu einem Abschluss brachte. Die Montage selbst ist geschickt umgesetzt, wenngleich die Proportionen und der Lichteinfall nicht ganz stimmen. Interessant dagegen ist die Auswahl der hinein montierten Fotografie. Obwohl andere mit höfischer Repräsentanz zur Auswahl vorlagen, tritt Alfred Junior hier in ziviler, geradezu zwanglos legerer Kleidung auf. Offensichtlich hegte Uhlenhuth eine gewisse Sympathie für den unkonventionellen, gegen höfische Gepflogenheiten aufbegehrenden jungen Mann.
   Für die Fotomontage benutzte Uhlenhuth ein altes Negativ des Familienbildes. Der Abzug für die  Montage zeigt bis auf den oberen Rand wesentlich mehr davon. Das ältere offizielle Bild wurde also auf die Peronen beschnitten. Im Vergleich der beiden Fotos zeigt sich, dass offenbar auch das offizielle Foto selbst schon manipuliert wurde. Es ist in der Höhe gestreckt, wodurch alle, insbesondere die Frauen, schlanker und imposanter erscheinen.  

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